Die Anfänge der zeitgenössischen
indigenen Kunst in Papunya

Die USA feiern immer noch die erste Mondlandung; in Europa fürchtet man den Kalten Krieg, in Australien wird der erste Minister für Aboriginal Affairs eingesetzt; in Canberra streitet das Parlament über Assimilation oder Selbstbestimmung der indigenen Bewohner; in Alices Springs, 2027 km entfernt von Canberra im Herzen Australiens gelegen, wird der 10.000. Einwohner gezählt; in Papunya, 240 km nordöstlich, dudelt Radiomusik aus einem Humpy.

Ein Radio im Humpy? Wie - um alles in der Welt - kommt ein Radio in solch eine Behausung, die nicht viel mehr als ein Windschutz aus Wellblech und Stoffbahnen ist? Des Rätsels Lösung: Kaapa Tjampitjinpa, ein weltoffener, umtriebiger indigener Künstler war im Reservat Papunya berühmt für seine Tauschgeschäfte. Ein Radio gegen ein Bild. Oder eine Lederjacke gegen ein Bild, nützlich in den kalten Winternächten im Juli und August in Zentralaustralien. Der kunstbegeisterte Lehrer Geoffrey Bardon büßte beides ein und erhielt dafür Bilder, die damals 75 bis 100 australische Dollar wert waren und heute für bis zu 275.000 AUD gehandelt werden. Es wird das erste Radio in einem Humpy in Australien gewesen sein - 1971.

Die sozialen und politischen Verhältnisse gebieten einen Ausweg: Kunst

Zu Beginn der 1970er Jahre gab es einen regelrechten Ausbruch künstlerischer Arbeit - und Kaapa Tjampitjinpa war mittendrin -, der innerhalb von nur 15 Jahren viele indigene Künstler in allen Teilen Australiens zur Aufnahme künstlerischen Tuns inspirierte. Heute ist ihre Kunst nicht nur äußerst vielfältig, sie ist zu einer der wichtigsten Kunstströmungen in Australien geworden. Wie es dazu kam, wird ohne rudimentäre Kenntnis der politischen und sozialen Verhältnisse nicht verständlich.

1910 wurde der South Australian Northern Territory Aboriginal Protection Act verabschiedet, der die Errichtung überwachter Reservate erlaubte. Der Chief Protector hatte das Bestimmungsrecht über alle Kinder; Heirat zwischen Schwarzen und Weißen unterlagen ministerieller Zustimmung.

In den 1920er und 1930er Jahren gab es eine Reihe von Massakern, 1928 das bekannte Coniston Massaker, bei dem die Täter vor Gericht freigesprochen wurden. Billy Stockman Tjapaltjarri, dessen Mutter Ende der 1920er Jahre bei einem solchen Massaker ermordet wurde, nannte diese Jahre "die Zeit des Tötens".

1937 wurde auf einer Konferenz von Verantwortlichen für indigene Fragen die Assimilationspolitik vorgeschlagen unter dem Motto: Wenn man alle "Mischlinge" aussonderte, würden die "Vollblut-Aborigines" innerhalb von 50 Jahren aussterben, und Australien hätte ein Problem gelöst.

Gegen Ende der 1960er Jahr und vor allem in den 1970er Jahren lockerte sich die Assimilationspolitik. Es bedurfte allerdings noch einer längeren Zeit, ehe davon in Papunya, das 1960 offiziell eröffnet wurde, oder in anderen Reservaten etwas zu bemerken war.

Als Geoffrey Bardon 1971 nach Papunya kam, um als Lehrer an der Dorfschule zu unterrichten, lebten dort zwischen 1.000 und 1.400 Aborigines aus vier verschiedenen Sprachgruppen. Menschen, die es gewohnt waren, ohne Begrenzungen zu reisen, waren abgeschnitten von ihrem Land, der Grundlage ihres spirituellen Lebens. Es gab fortwährende Probleme mit der Nahrungsversorgung; Krankheiten wie Meningitis, Hepatitis, Syphilis und Enzephalitis waren weit verbreitet. Viele starben, insbesondere kleine Kinder. Das Personal des "Hospitals", eine heruntergekommene Wellblechhütte, bestand aus zwei Krankenschwestern. Weil die indigenen Bewohner sich den Häusern der Weißen nachts nicht nähern durften, konnten die Krankenschwestern nachts nicht gerufen werden. In der Schule war es den Kindern untersagt, ihre Sprache zu sprechen. Bevormundung und Erniedrigung, ein ausgeprägter Rassismus durch die weiße Verwaltung waren an der Tagesordnung. Die wenigen der 75 dort lebenden Weißen, die wie Bardon Kontakt zu den indigenen Bewohnern aufbauten, wurden von den anderen Weißen mit Hass überschüttet.

Die Schulmauern

Bardon bemerkte, dass die Aborigines eine Form von piktographischem Schreiben benutzten: Bögen, Kreise, mäandernde Linien und Tierspuren wurden in den Sand gemalt. In der Schule allerdings malten die Kinder bloß Pferde und Cowboys. So kam er auf die Idee, die Schulmauern bemalen zu lassen.

Die älteren Männer, die in der Schule als Hausmeister oder ähnliches arbeiteten, erklärten sich bereit, dies zu tun und malten auf eine der Mauern drei Geschichten, eine Witwen-, Wallaby- und Schlangen-Geschichte. Kurze Zeit später erhielt Bardon Besuch von mehreren Ältesten, die herausfinden wollten, was in der Schule vor sich ging und wer dieser seltsame Lehrer war. Bardon bestand diese Prüfung offensichtlich, denn der etwa 45jährige Kaapa Tjampitjinpa (ca. 1926-1989) wurde von den Ältesten ausgewählt, die weitere Bemalung der Schulmauern zu leiten. Old Tom Onion Tjapangati stellte die Tjukurrpa der Honigameise als Thema zur Verfügung, eine der wichtigsten mythologischen Geschichten Zentralaustraliens. In völliger Ignoranz der indigenen Kultur wurde das Symbol für diese wichtige Geschichte, ein heiliger Baum, ausgerechnet bei der Errichtung der Polizeistation in Papunya mit umzäunt und war damit für die indigenen Menschen nicht mehr zugänglich.

Im Juni und August 1971 malten die Künstler Kaapa Tjampitjinpa, Don Ellis Tjapanangka, Paddy Stewart Tjapaltjarri, Billy Stockman Tjapaltjarri, Long Jack Phillipus Tjakamarra und Johnny Warangkula Tjupurrula zwei Versionen der Honigameisen-Tjukurrpa, die sich durch die Darstellung der Tiere unterschied. In der ersten Version wurden sie in Form von Bögen gemalt, was geändert werden musste, weil diese Darstellungsweise eine heilige war, die geheim bleiben musste.

Die Bemalung der Schulmauern wurde 1973 in einem Akt des Vandalismus auf Geheiß einer neuen Schulleitung zerstört, indem sie übertüncht wurde. Und dennoch gehören sie zu den Kunstwerken, die das Ansehen und den Status der indigenen Australier in der gesamten Gesellschaft verändert haben. Es waren die Künstler, die das Leben der indigenen Australier, ihr Land, ihre Kultur zum ersten Mal für alle sichtbar gemacht haben.

Beginn der Neuen Kunstbewegung

Die Malerei auf den Schulmauern verursachte eine kleine Revolution: Die Männer bemerkten, dass es noch etwas gab zwischen dem intensiven spirituellen Leben in der Wüste und dem traurigen, bedeutungslosen im Reservat. Einige begannen, Bardon nach Malmaterial zu fragen, und malten regelmäßig hinter einem der Klassenräume. Das war der Beginn der Neuen Kunstbewegung.

Schon vor der Ankunft von Geoffrey Bardon hatten Kaapa Tjampitjinpa und seine Cousins Clifford Possum Tjapaltjarri (ca. 1932-2002) und Tim Leura Tjapaltjarri (ca. 1929-1984) (1) gemalt und geschnitzt, und zwar nicht nur Objekte für religiöse Zeremonien. Sie kannten Albert Namatjira (1902-1959), den ersten australienweit bekannten indigenen Aquarellisten. Sie hatten also eine Vorstellung vom Konzept Künstler.

Am Anfang wurde zum Malen das benutzt, was vorhanden war, und das war nicht viel: Hartfaser-, Sperrholz- oder Linoleumplatten, Plakat- und Dispersionsfarbe. Von Ausnahmen abgesehen, gab es erst ab 1973 grundsätzlich Leinwand und Acrylfarben. Annähernd 1.000 Bilder wurden in nur zwei Jahren von 39 Künstlern bis dahin auf Holz gemalt.

Bardon ermutigte alle, die malen wollten, ihre Jobs zu verlassen - sofern sie welche hatten -, denn er konnte die Bilder in Alice Springs für 75 bis 100 AUD verkaufen, was viel war im Verhältnis zu dem Verdienst, den sie für ihre Arbeit bekamen. Das machte Bardon weitere Feinde beim sog. Welfare Department, weil es seine Arbeiter verlor, aber auch, weil das mit Kunst verdiente Geld zeigte, unabhängig von Regierungsjobs sein zu können. Die Verwaltung versuchte, die Verkäufe zu verhindern mit dem Argument, dass die Künstler unter der Kuratel der Regierung stünden und die Bilder deshalb Regierungseigentum seien.

Gegen alle Behinderungen wurde im November 1972 die Künstlerkooperative Papunya Tula Artists Ltd Pty (2) mit ihrem ersten Vorsitzenden Kaapa Tjampitjinpa gegründet.

Sacred/secret

Nachdem es gegen Ende 1972 in Yuendumu, wo anlässlich einer gemeinsamen Sportveranstaltung eine kleine Ausstellung mit Werken aus Papunya gezeigt wurden, zu der heftigen Beschwerde eines Pitjantjatjara über ein Bild gekommen war und das Bild daraufhin eiligst aus der Ausstellung entfernt wurde, nahmen die Künstler keine sakralen, geheimen Symbole mehr in ihre Bilder auf. Denn nach Auffassung der indigenen Australier kann es für Mitglieder anderer Clans gefährlich werden, Bilder zu betrachten, die sakrale und deshalb geheime Symbole enthalten.

Diese Reduktion führte einerseits zu neuen visuellen Ausdrucksformen, z. B. zum Überdecken dieser Zeichen, andererseits zur Herausbildung klassischer Ikonographien, die der Identifizierung großer Tjukurrpas diente. So wird die Tingari-Tjukurrpa, eine äußerst wichtige Initiationsgeschichte über die schöpferischen Taten von Ahnen während ihrer Reisen, meist mit Hilfe vieler konzentrischer Kreise, oft verbunden durch mehrfache gerade Linien versinnbildlicht. Es entstand eine neue, mehr oder weniger gemeinsame Bildsymbolik, die ihre Wirkung auf großen Leinwänden wie im Bild von Simon Tjakamarra besonders gut entfalten konnte.

Auch für heute lebende indigene Bewohner haben die frühen Papunyawerke eine Bedeutung, die tiefer liegt als das, was unser Auge erreicht. So ließen z. B. die US-amerikanischen Sammler John und Barbara Wilkerson 2009 vor der Ausstellung ihrer frühen Papunyabilder und vor dem Druck des begleitenden Katalogs die Arbeiten von jetzt lebenden Angehörigen der entsprechenden Clans auf ihre Gefährlichkeit hinsichtlich sacred/secret prüfen. Und sie entschieden, solche Bilder im für Australien zugänglichen Katalog gar nicht und für alle anderen nur in einem Beiheft abzudrucken.

Das Bild "Ngalyilpi (A Small Snake)" aus dem Jahr 1972 von Kaapa Tjampitjinpa markiert die eben genannte neue Richtung in der Kunst. Die Farbpalette hellt sich dramatisch auf, verursacht durch dichte Übermalung der Schlangensymbole mit kurzen weißen Strichen und Punkten. Dargestellt sind Schlangen, die sich ihren Verstecken nähern und an verschiedenen Stellen unter dem Sand im Land nördlich von Yuendumu, das voll von Stachelkopfgras ist, verschwinden. Dies steht sowohl für die üblichen Verhaltensweisen der Tiere als auch für Aktionen der Ahnen. Die Punkte sind nicht einheitlich gemalt und an manchen Stellen zu Haufen zusammengefügt, um andere Pflanzen als Stachelkopfgras zu kennzeichnen, das in Form von Punktansammlungen in Ovalen symbolisiert wird.

Beeinflussung und Eigenständigkeit

Gegenseitige Beeinflussungen sind in der gesamten Kunst häufig und normal und finden erst recht dann statt, wenn die Künstler so nah beieinander leben und arbeiten wie in Papunya. Ein Beispiel dafür sind die zwei Bilder von Tim Leura Tjapaltjarri "Sun, Moon and Morning Star Tjukurrpa" (1973) und von Clifford Possum Tjapaltjarri "Sun Tjukurrpa" (1972).

In der indigenen Kultur repräsentiert die Sonne einen Mann, der Mond eine Frau. Ahnen sitzen hinter einem Windschutz am Feuer. Die unregelmäßig gepunkteten Formen im Bild von Tim Leura Tjapaltjarri stehen für Wolken und eine nächtliche Atmosphäre. Es ist eine Liebesgeschichte, und die Bewegung von Sonne und Mond über den Himmel ist Teil ihres fortwährenden Liebesabenteuers. Die Sterne repräsentieren Lagerfeuer von Kriegern aus längst vergangenen Zeiten, die in den Himmel aufgeflogen sind. Der Morgenstern ist besonders wichtig für die Tänzer bei Zeremonien, wenn sie auf Tageslicht warten.

Das Bild von Clifford Possum Tjapaltjarri ist ebenfalls eine Liebesgeschichte, denn die Sonne ist auch die Metapher für Liebe. Ein Mann singt eine junge Frau herbei; je älter der Mann ist, desto eher wird ihm das gelingen, weil ihm mit zunehmendem Alter Wissen, also Macht zuwächst. Die Malweise erzeugt den visuellen Eindruck von Sonnenlicht, Wolken, Schatten und Erde.

In beiden Bildern ist ein starkes dreidimensionales Element sichtbar, wie auch in dem von Johnny Warangkula Tjupurrula (ca. 1918-2001), der von Beginn an eine ganz eigene Ästhetik entwickelte. Als erster der Künstler arbeitete er mit Punkten, die nicht klein und fein und rund waren, sondern zu Strichen tendieren.

Das Bild "Water Tjukurrpa at Kalipinypa" ist eines von drei Wasser-Tjukurrpas, die Johnny Warangkula Tjupurrula etwa im August 1972 fertiggestellte, als es in Strömen regnete. Der Künstler war für Kalipinypa verantwortlich, weshalb er diesen Ort oft malte. Es ist eine heilige Stätte für Sturm, Regen bzw. Wasser, die 300 bis 400 km westliche von Alice Springs liegt; eine Tonebene, die durch ihre geologische Beschaffenheit nach heftigen Regenfällen Wasser speichern kann und eine natürliche Quelle besaß, die allerdings später zerstört wurde. Alle Landschaftsmerkmale innerhalb eines Areals von einem Kilometer Durchmesser sind mit der Zeit der Schöpfung verbunden: bestimmte Sanddünen repräsentieren Wolken, gewisse Bäume die Sturmvögel "Kalwa", manche Felsen werden mit Blitzen assoziiert, andere mit Hagel. Wie in vielen frühen Werken der Papunya-Künstler werden auch essbare Pflanzen gezeigt; in diesem die Solanum Centrale, eine niedrige krautige Pflanze, die nach Buschfeuern und anschließendem Regen schnell wieder austreibt und Beeren trägt. Die Beeren trocknen nach einiger Zeit ein und ähneln dann Rosinen. Die schwarzen Punkte im Bild stehen für diese Rosinen, die Kampurrarpa genannt werden. Das zugehörige Land ist der gleichnamige Berg, der nördlich in unmittelbarer Nähe des Ehrenberg-Gebirges liegt.

Die im Bild gezeigten, übermalten Symbole stehen für fließendes Wasser oder die nach Regen wachsenden Wurzeln, für Tjurungas und andere geheime Objekte, für Höhlen und Sickerwasserstellen.

Das Land von Kalipinypa ist im Bild in viele Teile aufgesplittert, wobei keines dem anderen gleicht. Die Variationsbreite der Übermalungen ist enorm: weiße kräftige, kurze Linien, die den dunklen Grund in Form von zarten Linien durchscheinen lassen und schwarz überpunktet werden; parallele gerade oder geschwungene Linien, manche durch Querlinien miteinander verbunden, Kreuzschraffur, gepunktete parallele Bögen usw. Mit wenigen Ausnahmen verdecken helle Farben dunkle. Die Komplexität der Bildinhalte entspricht der Komplexität der malerischen Ausführung.

Vom Symbol zur Reduktion

Auch wenn Künstler und ihre Bilder immer mit einem besonderen Stück Land verbunden sind, nämlich mit dem Land, das zum Künstler oder zu seinen Eltern gehört, so sind die Bildfindungen nicht notwendigerweise an die tradierten Zeichen und Symbole gebunden. Dadurch, dass anders als bei den Erdreliefs für religiöse Zeremonien nur eine Person ein Bild malte, konnten sich individuelle Formen des Ausdrucks entwickeln. Mick Namarari Tjapaltjarri (ca. 1927-1998) spielte eine große Rolle dabei, die gesamte Kunst von Papunya Tula auf eine neue Ebene zu heben hin zu einer durchgeistigten Reduktion in den späten 1980er und 1990er Jahren. Allerdings kann man Ansätze dazu bereits in seinen frühen Arbeiten sehen.

Ganz im Gegensatz zu den Werken von Johnny Warangkula Tjupurrula zeichnet sich sein Bild "Yam Travelling in the Sandhills" von 1971 durch große Einfachheit aus. Mit den wenigen Linien aus weißen Punkten gelingt es dem Künstler, die gesamte Bildfläche auszufüllen, obwohl der visuelle Schwerpunkt auf der Mitte liegt, einem Motiv von Sandhügeln, das Kennzeichen der Yam-Tjukurrpa ist. Der kräftige gerade Reiseweg in der Mitte führt durch bedeutende Orte, repräsentiert durch konzentrische Kreise. Die größeren Bögen stehen für die Sandhügel, die daran angefügten kleineren U-Formen für Frauen und Kinder.

Mick Namarari Tjapaltjari war der erste Künstler, der ausschließlich mit Linien arbeitete. In seinem Werk "Wind Tjukurrpa" von 1978 findet sich lediglich ein kleiner gepunkteter Abschnitt, der wohl von besonderer, aber nicht überlieferter Bedeutung ist. Das Bild handelt vom mythologischen Wind, der mit dem Geburtsort des Künstlers, Marnpi, verbunden ist. Die horizontalen dunklen Linien können wieder als Reisewege interpretiert werden, denn auch der Wind reist. Mick Namarari Tjapaltjarri zeigt einen Rhythmus von Windböen und ihren Unterbrechungen durch vertikale Linien und steigert die Bewegung im Bild noch durch die hell-dunkel Abstufungen und die fein aufeinander abgestimmten Farbtöne, für die der Künstler bekannt ist.

Das trifft auch auf das Bild zu, das sich im Besitz der Art Gallery of New South Wales in Sydney befindet und das in der Literatur mal ohne Titel, mal mit Tjunginpa betitelt wird, die Geschichte der kleinen Beutelmaus, deren winzige Tierspuren der Künstler zu einer vollkommen schlüssigen Komposition verarbeitet. Die dem Bild zugehörige Geschichte ist mit der Stätte gleichen Namens, einem Hügel nordwestliche von Walungurru (Kintore) verbunden. In Walungurru (Kintore) an der Grenze zwischen dem Northern Territory und Western Australia lebte Mick Namarari Tjapaltjarri bis zu seinem Tod, nachdem er Papunya verlassen hatte. Er war einer der ersten, der mit reinen Punktfeldern ohne jegliche Symbole experimentierte, eine Malweise, die später eine Reihe von Künstlern in Zentralaustralien zu immer neuen pulsierenden und die Struktur feiernden Werken inspirierte.


Anmerkungen

(1) Aus der Literatur ist nicht eindeutig ersichtlich, ob Clifford Possum Tjapaltjarri und Tim Leura Tjapaltjarri Brüder waren.

(2) Zur Bedeutung des Namens Papunya Tula gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Bardon und Bardon (2004, S. 7) übersetzen ihn mit Treffpunkt der Honigameise (Honey Ant Meeting Place). Bardon (1991, S.36) gibt an, das Wort Papunya beziehe sich auf den kleineren der zwei Hügel nahe Papunya und heiße Treffpunkt für alle Brüder und Cousins.